Der einfachste Weg in China dem Alltag zu entfliehen, ist etwas zu unternehmen. Man geht ins Kino, in den Park oder man besucht eine der unzähligen historischen Sehenswürdigkeiten im Land der Mitte. Mein letzter Besuch war im Sommer 2020, als ich Beijing nicht verlassen konnte, da sich in Beijing mehrere Menschen mit Corona infiziert hatten und die Stadt unter Quarantäne stand.
Mein Hotel lag glücklicherweise nicht unmittelbar in der Quarantänezone und so waren kleine Ausflüge in die Umgebung möglich, solange man in keine andere Stadt reist. Das Ziel von meiner Frau und mir war Badaling.
Badaling ist der vermutlich bekannteste Abschnitt der Großen Mauer in unmittelbarer Nähe von Beijing. Mit der S-Bahn ist Badaling sehr zügig zu erreichen und liegt im Nord-Westen der Metropole.
Die Große Mauer wurde in der Ming-Dynastie errichtet und hatte bei Badaling auch einen Durchgang sowie eine Garnison. Der komplette Abschnitt wurde restauriert und ist begehbar. Jedes Jahr ist Badaling der am meist frequentierte Abschnitt der Mauer, da er so nah an Beijing liegt. Somit drängen sich normalerweise die Touristen dicht an dicht über die Mauer.
Corona sei Dank war bei unserem Besuch so gut wie kein Tourist anwesend und man konnte die gigantische Anlage bestaunen und die Ausmaße erkennen, ohne dass tausende um einen herum stehen und die Sicht behindern. Es ist wirklich ein unvorstellbarer Anblick, wenn man die Große Mauer vor sich hat. Sie schlängelt sich wie eine gigantische Schlange durch die Berge und scheint weder Anfang noch Ende zu haben. Außerhalb Chinas gibt es vermutlich keine einzige Mauer, die auch nur annähernd solche Dimensionen hat. Und das nicht nur auf die unglaubliche Länge von ca. 21.196 Kilometern bezogen. Ja richtig 21-TAUSEND-Kilometer. Doch trotz dieser unglaublichen Ausdehnungen drängen sich normalerweise die Touristen wie die Sardinen über die Mauer.
Auch bei Höhe und Breite kann keine andere Mauer in Europa mithalten. Die Mauer ist so groß, dass locker zwei Autos nebeneinander über die Mauer fahren könnten, wenn nicht immer wieder Treppenstufen auf- und abwärts führen würden. Die Mauer selbst hat zur Außenseite hohe Zinnen, hinter denen man sich sehr gut schützen kann und auf der Landinnenseite eine niedrige Begrenzung. Alle paar hundert Meter befindet sich ein mehrgeschossiger Wachturm.
In Badaling kann man von der Garnison und dem Durchgang einmal nach Norden über die Mauer wandern und einmal nach Süden. Auch wenn es eine sehr stabile Mauer ist, sollte man unbedingt festes Schuhwerk tragen, um die teils äußerst steilen Treppen meistern zu können und den langen Marsch über die Mauer bewältigen zu können. Eine Wanderung in beide Richtungen ist vermutlich nur für die wenigsten möglich, da es wirklich viel zu laufen ist und wie gesagt, nicht eben ist.
Die Mauer wurde einfach über den Bergrücken gezogen und es wurde nur sehr wenig vom Untergrund abgetragen. So hat die Mauer manchmal sehr starke Steigungen und Gefälle. Aber es lohnt sich auf jeden Fall. Der Ausblick in die grünen Wälder rings um die Mauer ist nicht weniger schön als die Mauer selbst. Und wenn einem das noch nicht genug ist, der kann auch mit einer Sommerrodelbahn ins Tal düsen.
Für besonders gehfaule Menschen gibt es auch eine Gondelbahn, die einen auf die Mauer im südlichen Abschnitt bringt. Meine Frau und ich sind ca. 12 Kilometer an diesem Tag gelaufen und haben 62 Stockwerke erklommen. Es kommt also sehr schnell einiges an Metern zusammen, wenn man auf der Großen Mauer unterwegs ist. Es ist eben nicht nur eine Mauer, sondern es ist die Mauer schlechthin.
Auf dem Weg vom Bahnhof zur Mauer gibt es auch noch einige Restaurants und Souvenirläden für Touristen und Besucher. Wegen Corona hatten bei unserem Besuch die meisten Geschäfte geschlossen, weswegen ich dazu keine näheren Informationen geben kann.
Nachdem wir 62 Stockwerke hinauf und auch wieder hinab gestiegen sind, waren wir froh, endlich im Zug sitzen zu können und den erschöpften Beinen eine Pause zu gönnen.