Das Datum, welches auch heute noch eine besondere Rolle in der Volksrepublik China spielt, ist der 7.7.1937. An besagtem 7. Juli fand der sogenannte Zwischenfall an der Marco-Polo-Brücke statt. In China ist die Brücke unter dem Namen Lugou-Brücke bekannt und steht im Westen Beijings im Fengtai-Distrikt. Diese auf den ersten Blick unscheinbare Brücke ist aus dem Jahr 1192 und quert mit ihren 235 Metern Länge den Fluss Yongding He. Ihren westlichen Namen trägt sie, da sie von Marco Polo in seinen Schriften erwähnt und beschrieben wurde. Besonders ihre 250 Löwenfiguren auf dem steinernen Geländer machen die Brücke zu einem schönen Fotomotiv.
In der Nacht des 7. Juli erlangte die Brücke historische Bedeutung, als es zu einem Feuergefecht zwischen japanischen und chinesischen Truppen kam. Bis heute ist nicht abschließend geklärt welche Seite den Zwischenfall absichtlich provoziert hatte. Die japanische Regierung zögerte anfangs, da die japanische Armee eigentlich nicht für einen längeren Krieg mit China vorbereitet war. Jedoch machte die in der Mandschurei stationierte Kwantung-Armee Druck (Erster Japanisch-Chinesischer Krieg – Besetzung der Mandschurei). So einigten sich beide Parteien vorerst auf einem Waffenstillstand. Jedoch führten darauf folgende Truppenaufstockungen und -bewegungen schließlich doch zu einem bewaffneten Konflikt, der als der Zweite Japanisch-Chinesische Krieg in die Geschichte einging und erst mit der Kapitulation Japans im September 1945 beendet wurde.
Vorgeschichte
Während der Kämpfe zwischen China und Japan spielten häufig Waffen aus dem deutschen Reich eine Rolle. Durch die ungleichen Verträge nach dem ersten Weltkrieg wurde Deutschland zu einem der wichtigsten Handelspartner Chinas. Durch das gute Verhältnis zwischen beiden Staaten holte sich Chiang Kai-shek deutsche Militärhilfe in Form von Beratung und Waffenlieferungen ins Land. Mit Hilfe aus dem Ausland sollte eine schlagkräftige chinesische Armee aufgebaut werden, um ein desaströses Versagen, wie im Ersten Japanisch-Chinesischen Krieg zu verhindern. Die deutsche Militärberatung begann mit Hans von Seeckt und wurde ab 1934 unter General Alexander von Falkenhausen fortgesetzt. Unter seiner Führung als Berater, wurden chinesische Truppenkontingente mit deutscher Ausrüstung versorgt und nach deutscher Militärdoktrin ausgebildet.
Die Aufgabe der deutschen Militärberater war quasi eine Lebensaufgabe, denn China war zu diesem Zeitpunkt ein zerrissenes und gebeuteltes Land. In einigen Teilen des Landes herrschten Warlords und die regierende Kuomintang unter Chiang Kai-shek hatte dort kaum Einfluss. Hinzu kam die erstarkende kommunistische Bewegung, die große Teile Chinas erfasste. So musste die Regierung unter Chiang Kai-shek nicht nur an einer Front kämpfen, was die Nationalarmee zusätzlich im Krieg gegen Japan schwächte. Hierbei griff Chiang Kai-shek häufig auf die 88. Division zurück. In China steht die 8 als Glückszahl, die für Harmonie und Vollkommenheit steht. So findet sich in China sehr häufig die Doppel-Acht – Auch beim Militär.
Die 88. Division, war eine der ersten chinesischen Divisionen, die mit deutschen Waffen ausgerüstet wurden und auch an ihnen ausgebildet worden waren. Durch die sehr frühe Ausbildung und Ausrüstung der 88. Division, konnte diese in Einsätzen gegen Kommunisten und Warlords Einsatzerfahrung vorweisen – was bei anderen Divisionen vollkommen fehlte. Aufgrund dessen, wird häufig von einer Elitedivision gesprochen, was eventuell nicht ganz zutreffend ist, denn auch diese Division war bei weitem noch nicht voll Einsatzbereit für einen größeren Krieg. Laut Plan sollte Ausbildung erst 1938 komplett abgeschlossen sein. Ebenso deren Ausrüstung.
Schlacht um Shanghai
Berühmtheit sollte die 88. Division in der Zweiten Schlacht um Shanghai erlangen. Am 13. August wurde die 88. zusammen mit anderen Divisionen (viele ebenfalls mit deutschen Waffen ausgerüstet und daran ausgebildet) nach Shanghai verlegt. Sie sollten die Japaner zurück ins Meer drängen und Shanghai halten. Anfangs sah es danach aus, als könnten die Chinesen die Japaner erfolgreich aus Shanghai vertreiben. Doch es fehlte an Panzern, um der Infanterie Schutz und Durchschlag zu verleihen. So konnte die Japanische Seite die chinesischen Divisionen mit Hilfe ihrer Panzer an einer Kesselbildung (vollständiges Einschließen der gegnerischen Truppen) hindern. Die chinesischen Divisionen mussten sich daraufhin teilweise zurückziehen, was den Japanern eine Truppenverstärkung ermöglichte.
Die japanische Überlegenheit wurde bis Ende Oktober immer größer, denn gegen die japanischen Panzer konnten die chinesischen Divisionen nichts vergleichbares zu Felde führen. Chiang Kai-shek verlor zunehmend wichtige Punkte an die Japaner und musste schließlich das städtische Zentrum am 26. Oktober aufgeben und zog die verbliebenen Truppen zurück. Nur die 88. Division sollte im Sihang-Warenhaus zurück bleiben und den aussichtslosen Kampf gegen die Japaner weiterführen sowie den Rückzug der anderen Divisionen ermöglichen.
Das Sihang-Warenhaus befand sich gegenüber der internationalen Konzession in Shanghai. Dies war ein Stadtviertel, welches eine Enklave unter britischem Mandat war. Beide Seiten versuchten die Neutralität dieses Viertels nicht zu verletzten. Japan war besonders bemüht, da es eine Beteiligung Großbritanniens oder der USA fürchtete, sollte es zu Zwischenfällen kommen. Die Chinesen versuchten mit dem aussichtslosen Kampf die Aufmerksamkeit der Neun-Mächte-Konferenz für sich zu gewinnen, um so weitere Unterstützung zu erhalten.
Nur ca. 452 Verteidiger der 88. Division kämpften im Sihang-Warenhaus. Als die 800 gingen diese Soldaten in die chinesische Geschichte ein. Grund für 800, war wie anfangs schon beschrieben die Zahl 8 sowie das verheimlichen der eigentlichen Stärke den Japanern gegenüber. Mit dem aussichtslosen Kampf gegen einen zahlenmäßig mehr als deutlich überlegenen Feind war ein Heldenepos geboren.
Durch die robuste Bauweise und der Lage zum neutralen Ausländerviertel war das Sihang-Warenhaus für das Vorhaben Chiang Kai-shek geradezu ideal. Die Japaner konnten aufgrund der Nähe zum internationalen Viertel keine Bomben abwerfen oder mit schwerer Artillerie dem Warenhaus zu Leibe rücken. Auch der Einsatz des Kampfgases Lost (Senfgas) war nicht mehr im großen Stil (wie in weiten Teilen Shanghais) möglich. So musste ein verlustreicherer Häuserkampf geführt werden.
Folgen
Insgesamt kostete der Kampf um Shanghai ungefähr 130.000 Chinesen und circa 40.000 Japanern das Leben. Auf chinesischer Seite starben zusätzlich unzählige Zivilisten. Die Schlacht um Shanghai kostete Chiang Kai-shek unzählige gut ausgebildete Soldaten und wertvolles Material, sodass ein weiterer Kampf gegen die Japanischen Besatzer immer schwieriger wurde. Zudem schwächte es seine Position im Kampf gegen den Kommunismus massiv. Das Sihang-Warenhaus selbst steht heute noch als Mahnmal im Stadtzentrum Shanghais. Auch im Museum des Krieges des Widerstands der Chinesen gegen die japanische Aggression finden sich zahlreiche Exponate, die diese Epoche ansehnlich beschreiben. Dieses Museum steht in Verlängerung der Marco-Polo-Brücke in Beijing. Zusätzlich gibt es noch das Militärmuseum der chinesischen Volksrevolution in Beijing, welches mit zahlreichen Exponaten überzeugen kann. Auch architektonisch kann das im Zuckerbäckerstil erbaute Gebäude überzeugen.
Der Kampf der 800 um das Sihang-Warenhaus brachte im Jahr 2020 den Historien- und Kriegsfilm 八百 ( ba bei – „The 800“) ins Kino. Für das Kinojahr 2020 war der Film 八百 der zweit erfolgreichste Film nach Einnahmen und konnte zahlreiche Kritiker positiv überzeugen.
Alexander von Falkenhausen wurde 1938 von Joachim von Ribbentrop gezwungen ins Reich zurück zu kehren, wo er 1939 eingezogen wurde. Hitler und Ribbentrop bevorzugten von nun an Japan als Bündnis und Handelspartner. Von Falkenhausen schloss sich dem Widerstand des 20. Juli 1944 an und wurde später in Dachau gefangen gehalten. Nach dem Krieg erhielt er 12.000$ von Chiang Kai-shek und eine persönliche Note, in der er als „Freund Chinas“ erklärt wird. Zusätzlich erhielt er für seine Dienste an der Verteidigung Chinas zum 80. Geburtstag den Großen Kordon des Ordens Bao Ding Xunzhang (Baoding Orden) vom chinesischen Botschafter in Belgien 1958.
Die Hilfe Deutschlands und anfänglich des Dritten Reiches machte es für die Bundesrepublik Deutschland auch nach dem Zweiten Weltkrieg einfacher mit China zu handeln und prägt bis heute ein positives Bild Deutschlands. Dies gilt sowohl für die Volksrepublik Chinas als auch für Taiwan.