Wie kommen die vielen chinesischen Schriftzeichen auf den Bildschirm? Bei vielen Sprachen, die auf einem Alphabet basieren, ist es möglich eine Tastatur zu bauen, auf der alle Einzelbuchstaben vorhanden sind. Für das lateinische Alphabet zum Beispiel. Jeder von uns tippt damit jeden Tag. Sei es am Telefon oder an einer Hardwaretastatur vor dem PC. Jeder Buchstabe hat seine eigene Taste. In Deutschland gibt es das QWERTZ Layout. Im Englischen das QWERTY Layout. Beide Tastaturen sind quasi identisch. Nur die Z und Y Tasten wurden getauscht (Von Sonderzeichen abgesehen). Andere Alphabet basierten Sprachen haben ebenfalls die Möglichkeit eine Tastatur zu verwenden. Wenn auch teilweise zwei oder mehr Buchstaben sich eine Taste teilen müssen. Doch das Prinzip ist das selbe.
Aber bis wir hier in Deutschland die QWERTZ Tastatur hatten, war es ein langer Weg. Denn mit der Entwicklung der Schreibmaschine war es nun nötig, ein Layout für die Buchstaben zu entwickeln, mit dem man einen Text schreiben kann. Schreibmaschinen haben funktionsbedingt das Problem, dass wenn man zu schnell tippt, sich die Buchstabenarme verhaken können. Um dies zu verhindern, wurden verschiedene Möglichkeiten gesucht, die Buchstaben zu ordnen. Die Lösung hierfür war, dass die Buchstaben, die häufig aufeinander in Wörtern folgen, weit von einander auf der Tastatur platziert werden. So hatten die Hebel mit den Buchstaben genügend Zeit zwischen den Anschlägen, um sich nicht in die Quere zu kommen.
So viel zum Hintergrund, warum die Tastatur für Deutsch das QWERTZ Layout hat und nicht das ABCDE oder ähnliche Layouts. Doch wie macht man das jetzt für Sprachen wie Chinesisch? Im Chinesischen reicht es, wenn man die häufigsten 3.500 Zeichen kennt, um 99,7% aller Texte lesen zu können. Häufig liest man, dass Chinesen mit guter bis sehr guter Schulbildung um die 6.000 Zeichen beherrschen. Doch in der chinesischen Sprache gibt es bis zu 50.000 verschiedene Zeichen. Doch in Gebrauch sind meist nur bis zu 7.000 Zeichen. Aber auch wenn man jetzt Abstriche macht und nur 3500 Zeichen nimmt, sprengt das die Möglichkeit eine Tastatur mit so vielen Zeichen zu belegen. Die Zahlen hier gehen auf verschiedene Wörterbücher zurück. Je nach Quelle gibt es auch Zahlen von bis zu 80.000 Zeichen, wobei das dann schon fragwürdig ist, da nicht klar ist ob da tatsächlich ein einziges Wörterbuch zu Grunde liegt.
Doch es musste eine Lösung gefunden werden, um chinesisch auch am Computer schreiben zu können. Eine Zeit lang stand sogar im Raum, die Schriftzeichensprache komplett aufzugeben und nur noch das Pinyin (die Lautschrift – 1957 eingeführt) zu verwenden. Doch letzt endlich konnte eine Lösung gefunden werden. Warum nicht einfach Pinyin verwenden und der Computer baut daraus die Schriftzeichen. So kann man eine handelsübliche Tastatur mit leicht verändertem US-Layout (betrifft die Sonderzeichen) verwenden. Und konnte mit dem Westen bei der Computerentwicklung folgen.
Doch die Entwicklung der Tastatur in China war damit nicht beendet. Denn wenn man mit Pinyin ein Wort schreibt, gibt es nicht immer nur ein Schriftzeichen als Ergebnis. Zum Beispiel die Personalpronomen er/sie/es haben alle den selben Laut „tā“ aber die Schriftzeichen sehen wie folgt aus: „他,她,它“. Deshalb gibt es beim Tippen ein kleines Auswahlfenster, in dem man das jeweilige Zeichen auswählen kann. Anfangs war das zwar hilfreich aber nicht sehr praktikabel, denn es behindert den Schreibfluss, wenn man immer erst noch mal klicken muss. Also entbrannte in China ein regelrechter Wettbewerb immer schneller schreiben zu können.
Im englischsprachigen Raum liegt der Rekord bei einer Manuellen Schreibmaschine bei circa 176 Wörtern pro Minute. Auf Computern schafft ein wenig geübter Tipper um die 50 Wörter pro Minute, geübte zwischen 60 und 150. Der aktuelle Rekord liegt bei über 200 Wörtern die pro Minute richtig getippt werden. Durch den Wunsch schneller tippen zu können, haben die Entwicklungen in China dazu geführt, dass man deutlich schneller als im Englischen tippen kann. Der Rekord liegt aktuell (je nach Quelle) bei circa 400 Schriftzeichen pro Minute.
Doch wie wird so etwas möglich? Chinesen können ihre Finger nicht schneller als der Rest der Welt bewegen und trotzdem schaffen sie es mehr Wörter (bzw. Schriftzeichen) pro Minute auf den Bildschirm zu bringen. Hier kommt wieder das kleine Auswahlfenster von vorhin zum Einsatz. Doch man muss heutzutage nicht mehr mit der Maus das richtige Zeichen auswählen, sondern man kann mit einem Tastendruck auf die Zahlen vor jedem Schriftzeichen das gewünschte Zeichen auswählen. Je nach Laut, welcher als Schriftzeichen zur Auswahl steht, bekommt man eine einzelne Zeile bis zu einer ganzen Tabelle. Doch dieses Auswahlfenster konnte schon sehr früh in der Entwicklung (in den 70ern und 80ern) etwas, das westliche Tastaturen erst seit dem Smartphone können.
Mit Hilfe dieser kleinen Auswahltabellen fand eine Art Autovervollständigung Einzug in die chinesische Tastatur. Wer heute mit dem Smartphone einen Text schreibt hat über der Eigentlichen Tastatur eine Zeile mit Wortvorschlägen, die ausgewählt werden können. Die angezeigten Wörter werden anhand der vorherigen Nachricht oder des vorherigen Satzes ermittelt. So soll das Tippen beschleunigt werden. Im Deutschen oder Englischen ist diese Art des Schreibens meist eher umständlich, da meist nur maximal 3 Wörter vorgeschlagen werden können – für mehr reicht der Platz schlicht nicht aus. Bei der chinesischen Tastatur lassen sich mehr Zeichen anzeigen und man kann diese eine Zeile zu einer Tabelle ausklappen. Geübte Tipper profitieren davon unglaublich und können sehr schnell Texte verfassen.
Doch es gibt natürlich auch noch andere Möglichkeiten. So lässt sich zum Beispiel auch noch per Fingerwisch am Smartphone schreiben. Dabei schreibt man mit dem Finger die Strichfolge der Schriftzeichen auf das Smartphone. Diese Variante der Eingabe erinnert ein an die Palm-Geräte bei denen man mit Hilfe eines Stiftes die Buchstaben schreiben konnte. Diese Möglichkeit bleibt bei der Geschwindigkeit weit zurück im Vergleich zur Pinyin Tastatur, aber man kann ungefähr mit einem langsam bis normal schnell Tippenden (in Englisch oder Deutsch) mithalten. Viele ältere Menschen, die mit einem QWERTZ/Y Layout nicht viel anfangen können bevorzugen diese Möglichkeit.
Wer sich jedoch mal die Tastaturvorschläge für Chinesisch – Vereinfacht und Chinesisch – Traditionell am Computer oder Smartphone anschaut wird erstaunt sein, wie viele Möglichkeiten es dort gibt. So gibt es auch eine T10 Tastatur mit Pinyin. Diese funktioniert ungefähr wie das T9 bei unseren alten Mobiltelefonen und ist wie die QWERTZ/Y Pinyin Tastatur sehr schnell. Auch gibt es eine T10 Tastatur, die nur die Einzelstriche für die Schriftzeichen besitzt. Da jedes Schriftzeichen nach einer ganz bestimmten Strichfolge geschrieben wird, muss man mit dieser Tastatur nur die richtigen Striche in der richtigen Reihenfolge tippen und bekommt dann ebenfalls ein Auswahlfenster für die Zeichen angezeigt. Mit etwas Übung lässt sich auch hier sehr schnell tippen.
Eine etwas exotischere Tastatur ist die Cangjie-Tastatur. Diese hat das Aussehen wie die QWERTZ/Y Tastatur. Jedoch sind alle Tasten nicht mit Buchstaben versehen, sondern die chinesischen Grundsymbole sind abgebildet. Dort tippt man dann zum Beispiel auf „人- rén (Mensch)“ und bekommt unter anderem die Personalpronomen in der Auswahltabelle angezeigt. Doch gerade für ungeübte ist diese Form des Tippens sehr langsam. Selbst für Chinesen ist es nicht sofort ersichtlich welche Taste die richtige ist. Nur geübte Chinesen können überhaupt damit etwas anfangen. Mir ist diese Tastatur noch nie in der Realität unter die Augen gekommen.
Die Entwicklung einer schnellen und einfachen Eingabemöglichkeit für die chinesische Sprache wurde anfangs unter Mao initiiert und unter seinen Nachfolgern fortgesetzt. Durch die Einführung von Pinyin und dem vereinfachten Chinesisch war man den Politischen Gegnern auf Taiwan voraus. Dort führte man Zhuyin-Tastatur ein. Dieses Layout wurde 1918 entwickelt. Jedoch findet das Layout nur für das traditionelle Chinesisch Verwendung, welches in Taiwan noch immer verwendet wird. Das vereinfachte Chinesisch ist nur auf dem Festland in Gebrauch.