Der Zweite Opiumkrieg (1856–1860) war ein komplexer und folgenreicher Konflikt zwischen China und den westlichen Mächten Großbritannien und Frankreich. Der Krieg entstand aus den Spannungen, die durch den „Arrow-Zwischenfall“ verursacht wurden, bei dem chinesische Behörden ein unter britischer Flagge segelndes Schiff, die Arrow, beschlagnahmten und die Besatzung verhafteten. Großbritannien betrachtete dies als Vertragsbruch und nutzte den Vorfall als Vorwand, um militärisch gegen China vorzugehen. Frankreich schloss sich Großbritannien an, um eigene Interessen in der Region zu verfolgen.
Die erste Phase des Krieges begann mit der Eroberung der südchinesischen Stadt Guangzhou durch die Briten und Franzosen. Diese militärische Aktion zeigte die Überlegenheit der europäischen Mächte und setzte die chinesische Regierung unter erheblichen Druck. Bereits 1858, nach mehreren militärischen Erfolgen der Alliierten, war China gezwungen, den Verträgen von Tianjin zuzustimmen. Diese Verträge bedeuteten eine massive Ausweitung des westlichen Einflusses in China. Sie sahen die Öffnung von elf weiteren Häfen für den internationalen Handel vor, die Legalisierung des Opiumhandels, die Gewährleistung der Religionsfreiheit für Christen und die Abtretung von Gebieten wie Kowloon an Großbritannien. Darüber hinaus verpflichteten sich die Chinesen, hohe Entschädigungen an die westlichen Mächte zu zahlen.
Trotz der Unterzeichnung der Verträge von Tianjin weigerte sich China, diese zu ratifizieren, was zu erneuten Spannungen führte. Im Jahr 1859 versuchte eine britische Flotte, die Einfahrt zum Dagu-Fort zu erzwingen, wurde jedoch zurückgeschlagen. Dieser Rückschlag führte zu einer erneuten Eskalation des Konflikts. Die Briten und Franzosen entsandten zusätzliche Truppen und nahmen 1860 erneut den Angriff auf. Dieses Mal setzten die Alliierten ihre militärischen Operationen mit Nachdruck fort und drangen bis nach Peking vor. Dabei kam es zu einer der symbolträchtigsten und tragischsten Ereignisse des Krieges: der Zerstörung des Alten Sommerpalastes in Peking. Diese prachtvolle kaiserliche Anlage wurde von britischen Truppen in Brand gesetzt und geplündert, um die Ermordung britischer Gesandter zu rächen, die sich in Verhandlungen mit der chinesischen Regierung befanden.
Die Einnahme Pekings und die Zerstörung des Alten Sommerpalastes markierten das Ende des Krieges. China war nun gezwungen, den Pekinger Vertrag von 1860 zu unterzeichnen. Dieser Vertrag bestätigte die Vereinbarungen des Vertrags von Tianjin und fügte weitere Zugeständnisse hinzu. So musste China zusätzliche Gebiete an Großbritannien abtreten, höhere Entschädigungszahlungen leisten und die Stationierung diplomatischer Vertretungen der westlichen Mächte in Peking akzeptieren. Diese Vereinbarungen sicherten den westlichen Mächten nicht nur weitreichende Handelsprivilegien, sondern auch einen erheblichen politischen Einfluss in China.
Der Zweite Opiumkrieg hatte weitreichende Folgen für China. Er beschleunigte den bereits im Gange befindlichen Zerfall der Qing-Dynastie, die durch interne Aufstände wie den Taiping-Aufstand zusätzlich geschwächt war. Die erzwungenen Verträge führten zu einer noch stärkeren Öffnung Chinas für den westlichen Einfluss, was in der Bevölkerung zu wachsendem Unmut führte. Dieser Unmut manifestierte sich in verschiedenen Reformbewegungen und Aufständen, die sich sowohl gegen die Qing-Herrschaft als auch gegen den ausländischen Einfluss richteten.
Besonders einschneidend war die Legalisierung des Opiumhandels, die eine verheerende Wirkung auf die chinesische Gesellschaft hatte. Der weit verbreitete Opiumkonsum führte zu sozialen und wirtschaftlichen Problemen, die das Land weiter schwächten. Gleichzeitig nutzten die westlichen Mächte ihre neuen Privilegien, um ihre wirtschaftliche und politische Kontrolle über China auszubauen. Der Verlust von Souveränität und die zunehmende Ausbeutung des Landes durch ausländische Mächte hinterließen tiefe Spuren in der chinesischen Gesellschaft und trugen zur wachsenden Instabilität bei.
Der Zweite Opiumkrieg war nicht nur ein militärischer Konflikt, sondern auch ein Zeichen für den Machtverlust Chinas gegenüber den westlichen Kolonialmächten. Er verdeutlichte die Brutalität der Kolonialpolitik und die Bereitschaft der westlichen Mächte, ihre Interessen mit Waffengewalt durchzusetzen. Für China bedeutete der Krieg eine drastische Verschlechterung seiner internationalen Stellung und eine Verstärkung der Abhängigkeit von den westlichen Mächten. Die Ereignisse des Krieges und die damit verbundenen demütigenden Verträge hatten einen nachhaltigen Einfluss auf die chinesische Geschichte und trugen zur Entstehung nationalistischer Bewegungen bei, die sich gegen den westlichen Einfluss und die Qing-Dynastie wandten.
Insgesamt markiert der Zweite Opiumkrieg einen Wendepunkt in der Geschichte Chinas. Er führte zu einer weiteren Öffnung des Landes für den westlichen Einfluss, der eine tiefgreifende soziale und wirtschaftliche Veränderung mit sich brachte. Die Folgen des Krieges trugen maßgeblich zur politischen Instabilität Chinas bei und leiteten eine Periode des zunehmenden Widerstands gegen die Qing-Dynastie und die ausländische Dominanz ein. Die Nachwirkungen des Krieges waren bis weit ins 20. Jahrhundert hinein spürbar und beeinflussten die Entwicklung des modernen China erheblich.