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Shenyang – Eine Hassliebe

Ich war Letzte Woche für ein Paar Tage in Shenyang auf Geschäftsreise. Shenyang liegt im Nordosten Chinas und ist die Hauptstadt der Liaoning-Provinz. Historisch ist Shenyang interessant, da sich die erste „Verbotene Stadt“ Chinas dort befindet. Der dortige Kaiserpalast ist zwar deutlich kleiner als der von Beijing, ist aber älter. Im Westen ist Shenyang vor allem unter dem Namen Mukden bekannt. Ausgehend von dort haben die Mandschu mit ihrer Qing-Dynastie China erobert und regiert. 

Im Russisch-Japanischen Krieg wurde nach harten Kämpfen die Stadt von den Japanern 1905 besetzt. Infolge dessen wurde Mandschukuo gegründet, welcher als Vasallenstaat Japan unterstand. Mit der Operation Auguststurm besetzte die Sowjetunion das Territorium und hielt es bis Anfang 1946 besetzt. 

Wichtig zu erwähnen ist, dass Mandschukuo unter der japanischen Herrschaft einen enormen Wirtschaftsaufschwung erfahren hatte. Dies geschah vor allem durch den gewaltigen Ausbau des Eisenbahnnetzes und dem Aufbau von Fabriken und anderen Produktionsstätten. So war die Mandschurei die modernste Region Chinas mit dem höchsten Lebensstandard. Mit der Besetzung der Sowjetunion wendete sich jedoch dieser Standard. Die Sowjets demontierten sämtliche Industrieanlagen und Eisenbahngleise. 

Zudem befindet sich das Anwesen des chinesischen Nationalhelden Marschall Zhang in Shenyang. Dieser hatte dafür gesorgt, dass die Nationalisten und Kommunisten zusammen gegen die Japaner kämpften. Auch ging auf ihn die erste Fertigung eines Lastkraftwagens in rein chinesischer Produktion zurück. Das Anwesen umfasst einen recht großen Park mit typisch chinesischer Landschaftsarchitektur und zahlreichen Gebäuden. Der Gebäudestil ist abweichend zum Park aber auch westlich geprägt.

Der Zoo von Shenyang bietet sich als ideales Ausflugsziel im Sommer an. Er liegt im Nord-Osten außerhalb der Stadt in einem großflächigen Waldgebiet. In den letzten Jahren wurde der Zoo zu einem Tierpark ausgebaut und bietet den Tieren nun deutlich mehr Platz und einen natürlicheren Lebensraum. Die alten, kleinen und wenig tierfreundlichen Gehege werden nach und nach rückgebaut. 

Mit der Rückgabe 1946 an China stieg auch die Bevölkerung von Shenyang kontinuierlich von ca. 2 Millionen auf knapp 7 Millionen (Stand 2017). Heute bildet Shenyang das kulturelle Zentrum im Nord-Osten Chinas. Wirtschaftlich ist Shenyang aber eher schwach und zieht nur wenige junge Menschen an – auch wenn sich dort eine der besten Universitäten Chinas befindet. Vor allem die Ansiedlung vom weltweit größten BMW Werk sorgt für etwas mehr wirtschaftlicher Stabilität, da dadurch auch einige Zulieferer in Shenyang zu finden sind.

Doch warum habe ich eine Hassliebe zu dieser Stadt? Das ist recht einfach erklärt. Shenyang ist in den Wintermonaten trostlos und kalt. Minus 20°C sind keine Seltenheit. Trockene und schlechte Luft ist normal. Aber genau in dieser Stadt hatte ich 2016 meine Frau kennen gelernt. So werde ich diese Stadt, mag sie noch so negativ auffallen, auch immer positiv besetzt im Herzen tragen.