Die Geschichte Chinas ist durchzogen von verschiedensten Rebellionen und Aufständen. Während quasi jeder Dynastieherrschaft, gab es größere und kleinere Aufstände gegen die jeweilige Herrschaft. In der Qing-Dynastie, die von 1644 bis 1912 die Geschicke Chinas lenkte, gab es ebenfalls mehrere. Um etwa 1820 hatte China seine größte territoriale Ausdehnung erreicht. Doch auch wie in vielen europäischen Dynastien, verloren die verschiedenen Kaiser das einfache Volk aus den Augen. Reformen wurden nicht umgesetzt oder viele Beamte des Kaiserhofes waren korrupt. Für das einfache Volk resultierten daraus häufig Armut und Hunger.
Die größten und bekanntesten Rebellionen während der Qing-Dynastie sind die folgenden: Der Aufstand der drei Feudalherren, die Weiße-Lotus-Rebellion, der Aufstand der Acht Trigramme von 1813, der Taiping Aufstand, die Nian Rebellion, die Du Wenxiu Rebellion, die Dungan Revolten, der Boxer-Aufstand und die Xinhai-Revolution
Am bekanntesten dürfte der Boxeraufstand von 1899-1901 sein. Dazu wird es in Zukunft ebenfalls einen Artikel geben.
Doch auch wenn es während der ganzen Geschichte Chinas unzählige Aufstände und Bürgerkriege gab, sticht besonders ein Aufstand hervor. Einen Aufstand, den kaum einer kennt. Und doch ist dieser Aufstand beispiellos. Denn kein anderer Aufstand oder Bürgerkrieg forderte mehr Opfer als der Taiping Aufstand. Erst der zweite Weltkrieg übertraf die Opferzahlen. Heutige Schätzungen gehen von mindestens 20 Millionen Toten aus und maximal bis zu 70 Millionen Opfern. Wie in den meisten Kriegen, litt die Zivilbevölkerung am härtesten und hatte auch die meisten Opfer zu beklagen. Doch wie konnte aus einem Aufstand ein derart blutiger Bürgerkrieg werden?
Alles begann mit Hong Huoxiu. Dieser wurde 1814 in der Provinz Guangdong (Provinzhauptstadt ist Kanton) in eine Bauernfamilie geboren. Auch wenn die Familie angeblich aus einem erfolgreichen Gelehrtengeschlecht während der Tang-Dynastie stammte, konnte kein Mitglied der Familie seit dem 17. Jahrhundert eine erfolgreich absolvierte Beamtenprüfung mehr vorweisen. Eine Beamtenlaufbahn war im damaligen China so etwas wie der Goldstandard. Beamte standen sozial ungleich höher als einfache Bauern.
Wie viele vergebliche Versuche Hong Huoxiu absolvierte ist nicht ganz klar. Doch die meisten Quellen sprechen von drei Fehlversuchen. Mit diesem dritten, misslungenen Versuch als Beamter der Provinz Guangdong hohes Ansehen zu erlangen, nahm die Geschichte ihren Lauf. Hong Huoxiu scheiterte an der sehr schweren Prüfung 1837 und hatte anschließend vermutlich einen Nervenzusammenbruch. Er wurde auf einer Trage zurück in sein Heimatdorf gebracht und lag dort mehrere Tage im Delirium. Während dieser Zeit, so erzählte er später, hatte er mehrere religiöse Visionen und Erscheinungen. Unter anderem sei ihm Gott (der Gott des Christentums) erschienen und habe ihm gesagt, dass er neben Jesus sein zweiter Sohn sei. Auch müsse er seinen Namen ändern. Er tauschte „火“ (Huo) – Feuer gegen „全“ (Quan) – Vollkommenheit, was ihm ebenfalls Gott vorgeschlagen hätte.
Nachdem – jetzt als Hong Xiuquan – genesen war, brach er sein Studium zum Beamten ab und versuchte sich als Lehrer. Doch auch während dieser Zeit lernte er nebenbei für die Beamtenprüfung. 1843 versuchte er zum vierten mal die harte Prüfung zu bestehen. Doch auch dieser Versuch scheiterte. Von nun an beschäftigte er sich vermehrt mit religiösen Schriften. Durch diese Schriften fühlte er sich in seinen damaligen Visionen bestätigt und begann alle Konfuzianischen Schriften und buddhistischen Statuen in seinem Haus zu verbrennen oder zu zerstören. Zudem begann er in seinem Dorf zu predigen. Mit einer eigenen Bibelübersetzung (basierend auf der Übersetzung von Karl Friedrich August Gützlaff) behauptete er, dass diese Religion schon immer in China existiert hatte und von Konfuzius zerstört worden sei.
Mit zunehmender Anhängerschaft und Auseinandersetzungen mit verschiedenen anderen Gruppen erlangte Hong Xiuquan zunehmend die Aufmerksamkeit der Behörden. Es wird vermutet, dass dies am Ende ihn zu einer Rebellion ermutigte. Bis 1850 hatte seine Anhängerschaft die Größe von 10.000 bis 30.000 Mitgliedern erreicht. Durch den zunehmenden Einfluss der Gruppe um Hong Xiuquan wurde ein kaiserliches Truppenkontingent entsandt, um die Gruppe zu zerstreuen. Dies führte 1851 zum Jintian-Aufstand. Die Truppen des Kaisers wurden geschlagen und ihr Kommandant enthauptet. Im Zuge dessen, gründete Hong Xiuquan das „himmlische Königreichs des Transzendenten Friedens“ oder „Himmlisches Reich des Großen Friedens“
Durch den Sieg ermutigt, konnte wenig später ein zahlenmäßig weit überlegenes Truppenkontingent kaiserlicher Truppen sowie einiger Flusspiraten geschlagen werden und die Stadt Yongan besetzt werden. Daraufhin folgten einige Schlachten zwischen Hongs Truppen und dem Kaiserreich. Doch auch wenn Hong große Verluste verbüßte, konnte er mit seinen Kämpfern 1853 Nanjing erobern und zur Hauptstadt des „himmlischen Königreichs des Transzendenten Friedens“ ausrufen.
In der darauffolgenden Zeit veranlasste er zahlreiche Reformen und baute eine Verwaltung auf. Auch wurde der Konsum von Opium verboten (siehe Artikel über den 1. Opiumkrieg). Viele der strengen Regeln wurde jedoch von Hong Xiuquan und vielen der oberen Vertrauten selbst nicht eingehalten. Auch kam es zu mehreren Säuberungen innerhalb der Führungsriege. Lokale Minderheiten wie die Mandschu (Ethnie der Quingherrscher) wurden von Hong und seiner Sekte systematisch ermordet. Auch wurden alle buddhistischen Tempel und Statuen aus Nanjing zerstört.
Mittlerweile waren circa 500.000 Anhänger ihm nach Nanjing gefolgt und kämpften für sein „himmlisches Königreich“. Doch mehrere Kampagnen zur Eroberung Beijings oder Shanghais scheiterten an der Erstarkung der Qing-Dynastie (Durch militärische Unterstützung westlicher Militärs). 1864 konnte die kaiserliche Armee unter Zeng Guofan erfolgreich einen Belagerungsring um Nanjing ziehen und die Taiping Rebellen aushungern und am 19. Juli schließlich erobern. Doch Hong Xiuquan war bereits sechs Wochen zuvor entweder an Krankheit oder Gift gestorben. Mit der Eroberung Nanjings endete die blutige, elfjährige Herrschaft Hong Xiuquans Sekte. Die vielen Millionen Opfer entstanden überwiegend durch blutige Säuberungen und Hunger, aber auch durch die Schlachten zwischen der Sekte und den Truppen der Qing-Dynastie. Den Konflikt kann man eventuell mit dem 30 jährigen Krieg in Europa vergleichen, in dem die Zivilbevölkerung ebenfalls unter Säuberungen, Hunger und Seuchen leiden musste.
Um einen Einblick in die damalige Zeit zu bekommen, kann ich den Film „The Warloards“ aus 2007 mit Jet Li empfehlen. Auch wenn dieser Film nicht 100% akkurat ist, bekommt man einen Einblick in die damalige Zeit. Denn in China wurde auch zu dieser Zeit noch vorwiegend mit Schwert sowie wie Pfeil und Bogen gekämpft. Der während des Taiping Aufstandes ausbrechende 2. Opium Krieg (1856 – 1860) ist hier nicht genannt worden, da dazu ein extra Artikel kommen wird. Aber es kann soviel gesagt werden, dass Hong Xiuquan versuchte, die Gunst des Westens zu erhalten, um gemeinsam gegen die Qing-Dynastie zu kämpfen. Der Westen unterstütze jedoch aus Eigeninteresse am Ende die Qing-Dynastie.